Rä di Martino

Authentic News of Invisible Things

Ausstellung
Rä di Martino, The Fog #1 2014. Courtesy Copperfield Gallery, London
14.09.2014—11.01.2015

100 Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs stellt die Künstlerin ein Projekt vor, das in Bozen entstanden ist und von dummy tanks inspiriert wurde.

Es gibt sie aus Holz oder Leinwand, oft sogar von Hand gemalt. Im Militärjargon nennt man sie dummy tanks, Panzerattrappen, die sowohl im Ersten wie auch im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurden, um den Gegner über die eigene Truppenstärke zu täuschen und auch heute noch zum taktischen Arsenal gehören. Die Verwendung von dummy tanks stellt eine ungewöhnliche und kuriose Verbindung zur Illusionsmaschine Kino her: Während man für die Kriegsführung aufwändige „Bühnenbilder” mit „falschen” Panzern einrichtet, greift das Kino auf echtes Kriegsgerät zurück.

Dieser faszinierende Kurzschluss von Wirklichkeit und Fiktion ist der Ausgangspunkt für diese Arbeit der Künstlerin, die zwei neue Videos, die in Bozen gedreht wurden, und eine Installation umfasst. Ein Video stellt ein 1918 entstandenes Archivfoto aus dem Imperial War Museum in London nach, das Zivilisten zeigt, die auf einer Straße neugierig eine Panzerattrappe anschauen.

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Dieses Bild wurde nach Kriegsende in der französischen Stadt Lille aufgenommen. Das Video von Rä di Martino zeigt allerdings eine Straße in Bozen fast 100 Jahre später, auf der Komparsen in historischen Kostümen ebenfalls einen „falschen” Panzer betrachten. Die Präsenz der Attrappe hat in dieser inszenierten Situation nichts Verstörendes – auch weil die Schwarz-Weiß-Bilder einen Sicherheitsabstand zwischen dem Betrachter und der komponierten Bilderfolge herstellen.

Es ist genau diese Distanz, die die Künstlerin mit ihrem zweiten Video aufzulösen scheint: Hier sieht man einen echten Panzer, der durch Bozen rollt. Das ist keine Fiktion und hier treten dann auch keine Komparsen auf. Die Künstlerin filmt die Reaktionen der Passanten, an denen diese Kriegsmaschine aus Stahl mitten im Frieden vorbeifährt. Das ist überraschend – und unerwartet: Mit diesem ständigen Wechsel sowohl zwischen Wirklichkeit und Fiktion als auch zwischen Geschichte und Gegenwart erzählt Rä di Martino historische Ereignisse verblüffend neu.

Rä di Martino (Rom, 1975). Zahlreiche Einzelausstellungen in Italien und im Ausland, wie im PS1, New York, in der Tate Modern, London, im Palazzo Grassi, Venedig, in der Fondazione Sandretto Re Rebaudengo, Turin oder im MACRO, Rom. Ihre Arbeiten werden bei internationalen Filmfestivals wie dem Locarno Film Festival, dem New York Underground Film Festival und dem Torino Film Festival gezeigt. Ihr Dokumentarfilm „The Show Mas Go On” hat den SIAE Preis und den Premio Gillo Pontecorvo Arcobaleno Latino bei den Autorentagen der 71. Ausgabe der Internationalen Filmfestspiele in Venedig gewonnen.

Die Künstlerin dankt der Matteo Viglietta AG, NCTM per l’arte, CAP Contemporary Art Projects und dem Regiment “Lancieri di Novara” (5°), Codroipo (UD).

Rä di Martino

Authentic News of Invisible Things

Ausstellung

Kuratorin: Frida Carazzato

Unter der Schirmherrschaft
Stadt Bozen

Die Stiftung MUSEION. Museum für modern und zeitgenössische Kunst sucht ein*e Mitarbeiter*in für die Aufsicht mit Vermittlungsaufgaben

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