Francesco Arena

Trittico 57

Ausstellung
30.03.—06.05.2012

Trittico 57 stand in einem Ausstellungsraum, in dem neue und für diesen Ort entwickelte Projekte – auch aus Südtirol – gezeigt werden.

Mit seiner dreiteiligen Arbeit verknüpfte der Künstler (1978, Torre Santa Susanna, Brindisi), wie schon im Titel angedeutet, mit bildhauerischen Mitteln zwei Ereignisse aus dem Jahr 1957. Anlässlich des Südtirol-Besuches von Staatspräsident Giovanni Gronchi wurden in diesem Jahr die letzten drei Tafeln des monumentalen Reliefs von Hans Piffrader an der ehemaligen Casa Littoria, das heute die Finanzämter in Bozen beherbergt, angebracht. Diese Marmorplatten vervollständigten das im Relief integrierte Mussolini-Portrait aus dem Jahr 1943 – Piffrader hatte den Duce als triumphierenden Reiter dargestellt, der die Hand zum römischen Gruß erhebt. Das zweite Ereignis: Am 7. August 1957 kündigte der Romancier Italo Calvino, als Reaktion auf die Haltung des PCI zum 1956 niedergeschlagenen Aufstand in Ungarn, in einem offenen Brief in der „Unità” seinen Austritt aus der Italienischen Kommunistischen Partei an.

Der Künstler stellte zwischen diesen scheinbar voneinander unabhängigen Ereignissen eine Verbindung her – hier wurde etwas an die Wand gepresst oder hinzugefügt (die drei Relief-Tafeln zu Piffraders  Mussolini-Portrait), dort löst sich jemand von seinen Wurzeln, wie der ehemalige Partisan Italo Calvino, der 1957 jene Partei verlässt, die lange Zeit seine politische „Heimat” gewesen ist. Auf das Mussolini-Bild antwortet der Schatten des 1953 verstorbenen Diktators Josef Stalin, dessen posthumen Einfluss auf die kommunistischen Parteien in Ost- und Westeuropa, Calvinos Text als Akt der Empörung entblößt. In Trittico 57 sind diese beiden Ereignisse zusammengefallen. Die drei von Francesco Arena im project room aufgestellten Platten entsprachen genau den Tafeln des Piffrader-Reliefs aus dem Jahr 1957. Beide Künstler nutzten Travertin-Marmor, der Umfang der jeweiligen Platten ist deckungsgleich.

Slideshow
öffnen

Dennoch unterscheiden sich beide Arbeiten: Francesco Arena hat den Text des Calvino-Briefs in die Oberfläche seines Flachreliefs gemeißelt und damit beide Ereignisse sichtbar zusammenfügt – auch wenn dieser Eingriff auf den ersten Blick nicht zu dechiffrieren war. So „schreibt” der Bildhauer Calvinos öffentliche Parteikritik hier nicht mit gewöhnlichen Buchstaben nieder – sondern greift auf die minimalistische Signalsprache des Morse-Codes zurück. Und das ist natürlich kein Zufall: Denn das Anpressen und Loslassen knopfförmiger Telegrafentasten sind Basisbewegungen der Morse-Methode – die hier zum Sinnbild für die komplexe Motorik entgegengesetzter politischer Standpunkte wird.

Der rhythmisch strukturierte Bewegungsablauf bei der Produktion langer und kurzer Zeichen legt sich also vor den Wortsinn. Bei der Arbeit benutzte Francesco Arena ein Sandstrahlgerät, das Buchstaben auf Marmoroberflächen reinigen und zugleich verwischen und unlesbar machen kann. Dabei gleicht der Druck des Sandstrahls auf das Gestein dem Zerplatzen einer epochalen Sanduhr: Dieser Sand kann Dinge verdecken und verbergen, oder – in Verbindung mit Wasser und Zement – zu neuen Bauwerken zusammenfügen. Eindrucksvoll zeigt Trittico 57 beide Varianten – die Aufklärung und die Verdrängung – im Umgang mit historischen Fakten auf. Wie alle Arbeiten von Francesco Arena ist auch dieses, für das Museion entwickelte Werk, das Ergebnis eines langen Prozesses, der als Suche nach Form und Material immer auch Teil einer sehr persönlichen Auseinandersetzung mit der italienischen Geschichte ist.

Francesco Arena

Trittico 57

Ausstellung

Die Stiftung MUSEION. Museum für modern und zeitgenössische Kunst sucht ein*e Mitarbeiter*in für die Aufsicht mit Vermittlungsaufgaben

Mehr lesen