#TeleMuseion #MuseionCalling: Interview mit Mercedes Azpilicueta

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Mercedes Azpilicueta. Foto: Luca Guadagnini / Lineematiche
23.03.2020

„…Wir sind nicht allein. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um uns unseres empathischen Potentials bewusst zu werden“
Mercedes Azipilicueta

#MuseionCalling startet : Eine Reihe mit Kurzinterviews mit Künstlerinnen und Künstlern, die - wie ihr alle auch - zum Umfeld des Museion gehören. Die Reihe eröffnet die argentinische Künstlerin Mercedes Azpilicueta, die im Museion ihre Ausstellung „Bestiario de Lenguitas“ zeigt.

 

Interview mit der argentinischen Künstlerin Mercedes Azpilicueta über ihre Ausstellung „Bestiario de Lengűitas” im Museion

Wo bist du gerade? Wie erlebst du diese Zeit?

Zum Glück bin ich gemeinsam mit meinem Lebensgefährten zu Hause in Amsterdam. Jetzt bin ich etwas ruhiger, aber angesichts der aktuellen Ereignisse war ich sehr besorgt. Die kritische Lage in Italien und Spanien tut mir sehr leid. In den vergangenen Tagen hat mich ein Teil meiner Familie aus Argentinien hier in Holland besucht und wir mussten – mitten in dieser Krise – dringend Rückflugmöglichkeiten für eine Heimreise suchen, die natürlich früher stattfinden sollte, als ursprünglich geplant. Argentinien hat bereits alle Flüge aus Europa blockiert. Eine Krise wie diese lässt uns über vieles nachdenken: die Art und Weise wie wir diese Welt bewohnen und kontaminieren, den Missbrauch unseres Ökosystems, einen räuberischen Tourismus, übermäßige Arbeit, Hyperproduktion und Hyperleistung oder die konstante Mobilität, die eine wenig nachhaltige Wirtschaft bewegt. Vielleicht tragen diese Tage dazu bei, diesen Rhythmus zu verlangsamen und solidarischere Möglichkeiten zu entwickeln, um in dieser Welt weiterhin leben zu können.

In deiner Arbeit sprichst du von „infizierten Körpern“, von Chaos und Unordnung im Gegensatz zu einer auf Ordnung und Transparenz sich stützenden Welt und von einer „neuen Art und Weise, in der Welt zu sein“. Dieser Ansatz ist heute aktueller denn je. Möchtest du mit uns darüber sprechen.

Bestiario de Lengüitas schlägt eine Art und Weise des Verhaltens und der Positionierung vor, die sich eher auf körperliche Erfahrungen und Spielstrategien stützt. In einem breiteren Diskurs ist das eine Einladung, sich wieder auf den Begriff des „Rausches“ zu besinnen, der hier auf die Art und Weise des Lebens und Genießens, des Arbeitens und des Kommunizierens angewendet wird. Wir leben in einer Welt, die Transparenz, Effizienz und Hyperproduktivität einfordert, in einer Welt, die glaubt, „sauber“ bleiben zu können, weit entfernt von jeder Art des kulturellen, physischen oder technologischen „Rausches“. Bestiario ist eine Antwort darauf, ein Mischling, der uns daran erinnert, dass nichts „rein“ bleiben kann und vor allem, dass wir uns das Prinzip der Kontagiosität als Überlebensstrategie zu eigen machen sollten. Ein gutes Beispiel dafür ist die Einbeziehung mündlicher Erzählungen in die offizielle Geschichtsschreibung. In Bozen arbeiten wir mit Geschichten aus den Dolomiten, die mündlich weitergegeben wurden, die von phantastischen Wesen und Hexen berichten und zur kollektiven Vorstellungskraft sowie zum kulturellen Erbe gehören.

Wüsstest du ein Bild oder einen Satz zur aktuellen Situation?

Vor allem, dass wir nicht allein sind. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um uns unseres empathischen und gemeinschaftlichen Potentials bewusst zu werden, um das Leben auf unserem Planeten zu schützen.

Eine Lektüre, eine Tätigkeit oder Musik, die du empfehlen würdest?

Zeichnen und lesen! Ich empfehle Calibano e la strega. Le donne, il corpo e l’accumulazione originaria von Silvia Federici.

 

Die Stiftung MUSEION. Museum für modern und zeitgenössische Kunst sucht ein*e Mitarbeiter*in für die Aufsicht mit Vermittlungsaufgaben

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